Mittwoch, 7. Januar 2015

Zum Thillai Nataraja Temple, dem Tempel des tanzenden Shiva

Sitze in der Hotellobby des Akshaya Hotels an einem grossen Marmortisch, durch die geöffneten Türen hört man den Verkehrslärm von der Strasse. Die Hotelangestellten unterhalten sich am Rezeptionsdesk leise.

Die Stadt Chidambaram wird von vielen Indern auch einfach nur "Tempel" genannt, weil die Stadt eigentlich nur ein Beiwerk ist zu dem riesigen Shivatempel und um ihn herum entstanden ist.

(Der Computer benimmt sich indisch, der Bildschirm flackert andauernd und setzt aus, und ich muss daran rütteln und den Winkel verändert, damit die Schrift zitternd zurück kommt. 90 % Luftfeuchtigkeit sind offenichtlich nicht besonders gut für elektronische Geräte. Dieses ständige Flackern macht mich ehrlich gesagt wahnsinnig. Ich will deshalb nur etwas über die diensthabenden Brahminen im Tempel schreiben, die Dikshitar.)

Die Dikshitar erkennt man, auch wenn man in der Stadt unterwegs ist, an ihrer speziellen Aufmachung. Sie tragen weisse Hüfttücher zum nackten, mit der dünnen weißen Brahminenschnur gekennzeichneten, Oberkörper, das Kopfhaar ist zur Hälfte abrasiert und der Rest des Haares wird in einem Knoten an der Seite des Kopfes getragen. Im Tempel besorgen sie die Riten, aber auch die etwas profaneren Tätigkeiten, wie etwa den Verkauf von Frittiertem und von süssen Bällchen und das Eintreiben von Tempelspenden, vor allem von weißen Nicht-Indern. Sie heiraten nur untereinander.

(Zwischenbemerkung: Mücken haben gerade damit angefangen, meine Füsse anzuknabbern - nur gut, dass ich einen speziellen elektronischen Mückenstick habe, mit dem ich die Stiche später behandeln kann, so dass sie nicht jucken.)

Diese weissgekleiteden Brahminen wuseln also im Tempel herum. Es gibt sie in allen Altern (vom etwa zwölfjährigen Jungen zum über siebzigjährigen Greis am Stock). Wenn es Zeit ist für das grosse Ritual (dreimal am Tag), an dem nicht nur der Gott Shiva mit allen möglichen Ehren bedacht wird, sondern auch sein Reittier, Nandri, die Kuh, dann schwänzeln diese Brahminen in grosser Zahl in dem innersten Heiligtum des Tempels herum, einem Schrein mit Türen aus Silber, die bei der Gelegenheit aufgefaltet werden. Die ständig durch die Türen in einer nicht erkennbaren Ordnung ein- und ausmarschierenden Brahminen haben mich deshalb gestern abend unvermittelt an ein Puppentheater denken lassen, vielleicht auch, weil viele der in die Jahre gekommenen Brahminen beachtlich gewölbte Bäuche und einen etwas watscheligen Gang haben und zudem ein geflochtenes Plastiktäschchen am Unterarm mit sich herumtragen.

Nandri wird entkleidet (er trägt einen Schal), wird dann mit Wasser und Milch und wieder mit Wasser übergossen. Dann legt man ihm wieder den Schal um und schmückt ihn mit Blumen. Das geschieht ohne viel Brimborium, eher wie eine alltägliche Notwendigkeit. Währenddessen finden im innersten Raum des heiligen Schreins Rituale statt, die wir von unserem Zuschauerplatz aus nicht sehen können. Ständig laufen Brahminen hierhin und dorthin, dann wieder plaudern sie, schöpfen etwas Wasser aus einem grossen Metallbehälter, giessen es in einen anderen Behälter, sie laufen mit Feuer herum, sie verteilen ein wenig Essen in die Handflächen der sich herandrängenden Pilger, dann wieder schüttelt einer eine grosse Glocke usw. Eigentlich weiss man nicht genau, wann das Ritual eigentlich anfängt und wann es aufhört oder ob es tatsächlich schon im Gange ist oder ob alles nur eine Vorbereitung darstellt, aber irgendwann einmal ist dann wirklich Schluss und die Türen werden geschlossen und man trollt sich davon.

Ich habe gerade ein wenig in der Hotellobby herumgeschaut und an einer der grossen Glasscheiben einen kleinen Gecko entdeckt. Er klebt da einfach, unbewegt, wahrscheinlich hat er vor die Nacht da zu verbringen. Und ich gehe jetzt auch nach oben ins Hotelzimmer. Erstens sind die Mücken jetzt etwas zu aufdringlich. Zweitens muss ich noch packen, da wir morgen früh weiterfahren.

Sadhu in Chidambaram

Teestand in Chidambaram

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