Mittwoch, 7. Januar 2015

Pondicherry, der Ashram. Chidambaram, der Tempel.

Sitze auf dem Hotelbett im Hotel Akshaya in Chidambaram – die zwei Ventilatoren an der Decke laufen auf vollen Touren. Vor dem Fenster der Verkehrslärm der Tempelstadt Chidambaram.

Auf den Strassen sitzen die rot- oder schwarzgekleideten Pilgergruppen, die in schlecht gefederten Bussen ihre Tempeltour durch Südindien absolvieren. Sie ruhen sich in der relativen Kühle des Abends aus, plaudern, essen Reisfladen oder Chapati mit Sambal aus ihren mitgebrachten Edelstahltiffins, bevor sie wieder in ihren Bus steigen und in die Nacht fahren.

Wir haben uns vom Bus aus manchmal gewundert, warum die Leute in Indien selten die Bürgersteige benutzen und sich lieber auf der Strasse den Verkehr um die Ohren brausen lassen. Aber heute abend, auf dem Weg zu einem Geldautomaten, wählten auch wir die Strasse. Auf dem Gehsteig muss man nicht nur häufig Menschen, sondern auch Müllhaufen, Hindernissen in Form von abgestellten Mopeds, Teeständen oder grossen klaffenden Löchern ausweichen. Dagegen geht es auf der Strasse recht unbehindert voran (und die Auto-, Riska- und Mopedfahrer weisen einen rücksichtsvollerweise immer durch Hupen darauf aufmerksam, dass sie in Anfahrt sind).

Ich begann den Tag noch vor dem Frühstück mit einem Besuch im Sri Aurobindo Ashram in Pondicherry (das jetzt im Rückblick wie eine lauschige, entspannte Stadt erscheint), ging barfuss in den stillen Innenhof, in dem schon viele Besucher – die meisten Inder – dem Grab (der marmornen Gruft) des Gurus Sri Aurobindo einen Besuch abstatteten. Viele berührten die mit Blüten bedeckte Grabplatte mit ihren Händen oder ihrer Stirn, andere sassen in einem der Laubengänge, die den Innenhof einsäumen, auf dem Boden und meditierten oder sassen nur still da. Ich kaufte in der Buchhandlung des Ashrams drei schmale Bücher. In diesen Kaufvorgang waren drei Personen verwickelt (ausser mir). Eine Frau tippte die Büchernummern in den Computer, sagte mir den Preis und nahm das Geld entgegen, ein Mann stempelte die gedruckte Quittung , und eine Frau legte die Bücher in eine Papiertüte und reichte sie mir (und das alles um 8 Uhr morgens). Dann ging ich zum Frühstücken ins Hotel, wurde wie gestern gefragt, ob ich zu den Cornflakes kalte oder warme Milch haben will (kalte!), ob ich den Kaffee schwarz oder mit Milch trinke (schwarz!), in welcher Form ich mein Ei essen will (gebraten, und zwar von beiden Seiten!). Die Hotelbesitzerin bat uns beim Abschied, dass wir ihr Hotel bei ”Trip Advisor” positiv bewerten sollten (was wir versprachen!) und machte dann mit ihrem IPad ein Gruppenbild von uns neben dem kleinen Krishnabrunnen in der Lobby, in dem wie immer frische Blütenblätter und eine Seerose aus Plastik schwammen.

Auf der Busfahrt von Pondicherry nach Chidambaram (im Non-A/C-Bus) wurde ich von Kopfschmerzen geplagt, stellte aber trotzdem Überlegungen über das an, was ich am Strassenrand sehen konnte. Vor allem unterzog ich die Hüfttücher der Männer einer genaueren Betrachtung. Die meisten Männer in Südindien tragen noch Hüfttücher aus Baumwolle (Lungi), die sie einfach nur um ihre Hüften schlingen. Meistens schlagen sie diese Tücher dann um und stopfen sie in den Bund, so dass eine Art gerüschter Minirock entsteht.

Das Design der Stoffe ist hier recht einheitlich, meistens kariert in irgendeiner Kombination der Farben grün-braun-blau-weiss. Es gibt jedoch auch einfarbige Lungis, und an der Farbe der Lungis (rot, grün, schwarz) kann man bei Pilgergruppen sehen, welchen Gott sie verehren oder zu welchem Tempel sie gerade auf dem Weg sind. Ich sah heute aber auch lila-karierte Tücher und ein neues Design mit gewagten Pyramidenformen. Bei feierlichen Anlässen sind die Lungis oft besonders feierlich (weiß mit Goldkante), Sadhus erkenntn man an der orangen und Brahmanen an der weißen Farbe ihrer Lunigs. Dass die Männer im Alltag zu ihrem Lungi gern Hemden tragen (gern kariert), siehe hier, bringt ein seltsames Gemisch an westlichem und indischem Stil mit sich. Männer, die zudem ein Handtuch um den Kopf geschlungen haben, sind häufig Arbeiter. 

Unser Tempelbesuch:
Heutzutage sind natürlich auch die indischen Pilger mit Smartphones unterwegs. Im Tempelbereich gab es eine regelrechte Knipsparty, bei der die Mitglieder einer rotgekleideten Pilgerinnengruppe unsere weisshäutige (buntgekleidete) Gruppe knipste und zurückgeknipst wurde, unter viel Gelächter und Hallo, und schliesslich mischten sich die Gruppen auf der Treppe zum Wassertank des Tempels, rot gekleidete Inderin sass neben bunt gekleideter Weisser, ständig war ein Smartphone in der Luft, bis man sich mit Händedruck verabschiedete und weiter ging.

Mann mit Kokosseil im Tempel von Chidambaram

Ich kaufte an einem der Tempelstände Farbpigmente in kleinen Plastiktüten, nachdem ich meine Schuhe an einem der Schuhaufbewahrungsständen wieder abgeholt hatte, wo man sie abliefert, wenn man den Tempel betritt. Es gab einen Dosa (ein typisches Essen in Südindien: knuspriger Pfannkuchen aus Reismehl, oft gefüllt mit einer vegetarischen Kartoffelmischung und serviert mit Kokoschutney und Sambal) im Hotelrestaurant und schliesslich den Ausflug zum ATM in der Nähe des Hotels, mit vielen Hallos und “Come from?” und lachenden Gesichtern.

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